Aus Anlass des Nationalfeiertages luden der Botschafter, S.E. Edgars Skuja und der Ständige Vertreter bei den Internationalen Organisationen und der OSZE in Wien, S.E. Bahtijors Hasans am 17. November 2015 zu einem Empfang in den Festsaal der Diplomatischen Akademie. Als Einleitung wurden die beiden Nationalhymnen unter Klavierbegleitung wunderschön gesungen, im Anschluss erfolgten die Begrüßungsansprachen der beiden Botschafter, daran schloss eine kurze musikalische Klaviereinlage. Beim nachfolgenden üppigen Buffet mit teils lettischen Getränken hatten viele Gäste Zeit über die ungewöhnliche Entstehung dieses Landes nachzudenken, die wie folgt geschildert wird:
Der Staat liegt auf dem Gebiet des ehemaligen Alt-Livland, so genannt nach den vor allem an der Rigaer Bucht und an der Düna siedelnden Liven, die deutsche Kaufleute im 12. Jahrhundert dort antrafen. 1201 gründete der Bremer Domherr Albrecht von Buxhoeven im Mündungsgebiet der Düna die Stadt Riga, seit ihrer Gründung eine wichtige Handelsmetropole im östlichen Ostseeraum und Hauptstadt Lettlands. In der Folgezeit wurde das Gebiet von dem zur Missionierung der Liven (die heute eine verschwindende Minderheit von schätzungsweise 1.000 Personen in Lettland sind) gegründeten Schwertbrüderorden erobert. Dieser ging nach kurzer Zeit im Deutschen Ritterorden auf, der seinerseits die Christianisierung und Kolonialisierung heidnischer Gebiete im Osten zum Ziel hatte, deren Besitz für den Orden sich der Ordenshochmeister Hermann von Salza von Kaiser (1226) und Papst (1234) garantieren ließ. Um 1400 hatte der Orden seine größte Ausdehnung erreicht und umfasste die Gebiete des heutigen Ostpreußen, Lettland und Estland, nicht jedoch das Großherzogtum Litauen, mit dem der Orden annähernd 100 Jahre lang – ohne nachhaltigen Erfolg - Kriege führte. 1410 unterlag der Orden in der Schlacht von Tannenberg einem vereinig-ten polnisch-litauischen Heer, musste große Gebietsabtretungen hinnehmen und befand sich von da an im Niedergang, der 1561 mit dem Zerfall der territorialen Einheit und Auflösung des Ordens seinen Abschluss fand.
Die bis dahin zum Orden gehörenden Gebiete unterstellten sich zum Schutz gegen den Angriff des russischen Zaren Iwan des Schrecklichen teils Schweden, teils Dänemark, teils Polen-Litauen, deren Kriegseintritt den Zaren zur Aufgabe der eroberten Gebiete zwang. Ungleich erfolgreicher war, nach einer knapp hundertjährigen, schwedischen Herrschaft unter Gustav Adolf und seinen Nachfolgern, Zar Peter der Große, der 1710 im Großen Nordischen Krieg Riga eroberte und durch den folgenden Friedensschluss von 1721 Russland die Herrschaft über Livland, Estland und später auch Kurland („deutsche Ostseeprovinzen Russlands") und damit das begehrte „Fenster zum Westen" sowie den Aufstieg zur Großmacht im Ostseeraum sicherte. Den baltischen Provinzen wurden jedoch weitgehende Sonderrechte eingeräumt, die ihnen schon 1561 der König von Polen zugestanden hatte: Selbstverwaltung nach deutschem Recht durch die Ritterschaften, Deutsch als Amtssprache und Anerkennung des evangelisch-lutherischen Glaubens. Erst seit 1881 wurden diese Privilegien durch Zar Alexander III. stark eingeschränkt.
Die russische Revolution von 1905 griff auch auf die baltischen Provinzen über und hatte dort nicht nur das autokratische Russland sondern auch die deutsch-baltische Oberschicht zum Ziel. Die so genannte „Lettische Revolution" besaß nicht nur eine soziale sondern auch eine nationale Komponente und strebte vor allem die Einführung der lettischen Sprache und Autonomie in der Verwaltung sowie die Zusammenführung lettischer Gebiete zu einer administrativen Einheit an. Diese Forderungen konnten aber erst am Ende des Ersten Weltkrieges durchgesetzt werden, nachdem deutsche Truppen das Land besetzt hatten und die Rote Armee sich nicht dauerhaft im Baltikum halten konnte.
Am 18. November 1918 wurde vom Lettischen Volksrat die Republik Lettland ausgerufen. Mitbegründer dieses Volksrats was Karlis Ulmanis (1877-1942), der der erste Ministerpräsident der unabhängigen Republik Lettland wurde. Lettland begeht diesen Tag als seinen Nationalfeiertag. Im Frieden von Riga vom 11. August 1920 erkannte Russland die Unabhängigkeit Lettlands an.
Österreich war mit dem Deutschen Orden, dessen Sitz noch heute in der Wiener Singerstraße vorhanden ist, auf das Engste verbunden und damit schließt sich wieder der Kreis und es ergibt den Grund, warum Österreich bis zum heutigen Tag Lettland zu seinen besten Freunden zählt und auch wir dem charmanten Botschafter für diese Einladung herzlich Dank sagen.